15.08.2023

Einfache Sprache und Normen: Die ISO-Norm für verständliche Texte ist da – deutsche DIN-Norm folgt

Bisher gibt es keine strikten Regeln für Einfache Sprache. Nun hat ISO den ersten Standard für Einfache Sprache verabschiedet. Die ISO-Norm schafft Leitlinien für verständliche Texte in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung und der Unternehmenskommunikation. Außerdem ist sie Grundlage einer DIN-Norm für die deutsche Sprache, die derzeit in Arbeit ist.

Ob Behördenschreiben, Bedienungsanleitung oder Arbeitsanweisung – Texte mit komplexen Begriffen und langen Sätzen sind für Menschen mit schwacher Sprach- und Lesekompetenz ein Hindernis. Dabei geht es nicht nur um Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen oder einer Lese- und Rechtschreibschwäche, sondern auch um Menschen, die eine Landessprache als Fremdsprache sprechen. Einfache Sprache schafft hier Abhilfe und sorgt dafür, dass Texte so verfasst werden werden, dass sie leicht, schnell und möglichst vollständig verstanden werden können.
In einem eigenen Beitrag haben wir gezeigt, was Einfache Sprache ist, wo und in welcher Form sie zum Einsatz kommen kann und was dabei zu beachten ist. Nun folgt der formelle Rahmen.

Neu: Die erste internationale Norm für Einfache Sprache

Die Internationale Organisation für Normung (International Organization for Standardization, ISO) hat jetzt mit ISO 24495-1 die erste Norm für Einfache Sprache und zur Vereinfachung der schriftlichen Kommunikation veröffentlicht. Sie vermittelt ein klares Verständnis davon, was Einfache Sprache ist und wie man sie umsetzen kann.
Das Dokument ISO 24495-1 umfasst Empfehlungen und Techniken sowie eine Checkliste für die Erstellung und Anwendung verständlicher Texte in Einfacher Sprache. Dabei fokussiert sich die Norm auf vier wesentliche Grundsätze:

  1. Relevanz: Lesende erhalten, was sie brauchen.
  2. Auffindbarkeit: Lesende können leicht finden, was sie brauchen.
  3. Verständlichkeit: Lesende können leicht verstehen, was sie finden.
  4. Anwendbarkeit: Lesende können die Informationen einfach verwenden.

Die Norm wurde von einer internationalen Arbeitsgruppe unter Beteiligung von Expert:innen des Deutschen Instituts für Normung e.V. (DIN) erarbeitet. DIN wird die Norm in den nächsten Wochen als DIN ISO 24495-1 „Einfache Sprache – Teil 1: Grundsätze und Leitlinien“ (ISO/DIS 24495-1:2022) in das Deutsche Normenwerk übernehmen. Der entsprechende Normenentwurf ist bereits erschienen und kann über den Fachverlag Beuth bezogen werden.

Von der Empfehlung über die Richtlinie zur internationalen Norm

Mit initiiert wurde das Projekt von der Plain Language Association International (PLAIN), die wiederum Mitglied der International Plain Language Federation ist. Die Organisation bringt seit über 20 Jahren Unterstützer:innen und Anwender:innen von Einfacher Sprache aus aller Welt zusammen und arbeitet daran, Einfache Sprache im privaten wie im öffentlichen Sektor zu fördern. Die Unterstützung hat dabei kontinuierlich zugenommen. Im Laufe der Zeit sind fast alle Aspekte der sachbezogenen Kommunikation in den Blick gerückt, so zum Beispiel juristische Texte, Gesundheitsinformationen, PR-Meldungen oder die Technische Redaktion und Dokumentation.

Die Bestrebungen führten schließlich auch zur Gründung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe des Technischen Komitees von ISO (ISO/TC 37 „Language and terminology“). Das aktuelle Ergebnis dieser Arbeitsgruppe ist jetzt also ISO 24495-1 – die erste Norm für Einfache Sprache.

Die spezifische deutsche Norm für Einfache Sprache folgt

Etwas zeitlich versetzt zur Gründung der ISO-Arbeitsgruppe „Plain Language“ wurde Mitte 2020 bei DIN ein nationaler Arbeitskreis gegründet. Dieser hat die Aufgabe, die Arbeiten der ISO-Arbeitsgruppe national zu begleiten und gegebenenfalls Regeln und Standards für Einfache Sprache im Deutschen zu erarbeiten. Denn als internationale Norm kann ISO 24495-1 nur allgemeingültige Regeln festlegen, aber keine sprachspezifischen Empfehlungen und Beispiele geben. Um einen praxisnahen Standard für die Texterstellung zu bieten, bedarf es also spezifischer Normen pro Sprache.

Die spezifische Norm für die deutsche Sprache, die die allgemeinen Empfehlungen aus der ISO 24495-1 konkretisieren wird, ist derzeit in der letzten Phase vor ihrer Veröffentlichung. DIN 8581-1 „Einfache Sprache – Anwendung für das Deutsche, Teil 1: Sprachspezifische Festlegungen“ ist im Juni 2023 als Entwurf erschienen, die Veröffentlichung der Norm ist bis Ende dieses Jahres geplant.

Alle profitieren von Einfacher Sprache und von der Norm

Einfache Sprache ermöglicht eine leicht verständliche und somit effiziente Kommunikation, die in vielen Bereichen – zum Beispiel Gesundheit, Recht, öffentliche Verwaltung oder Bankwesen – besonders wichtig ist. Im Grunde überall, wo Informationen Einfluss auf die Entscheidungen und die Rechte der Menschen haben.
Mit der Anwendung von Einfacher Sprache erhöhen Unternehmen und Organisationen ihre Zugänglichkeit. Indem sie Informationen verständlich vermitteln, kommen sie schneller zu gewünschten Ergebnissen und sparen Zeit und Geld.

Mit der internationalen und der nationalen Norm kommen für anwendende Unternehmen und Organisationen weitere Vorteile hinzu: Definierte Vorgaben und Leitlinien sichern grundlegende Anforderungen und vereinfachen die Texterstellung. Die zeitlichen Aufwände sollten sich reduzieren, während die Qualität in vielen Fällen zunehmen dürfte.

… auch die Technische Redaktion, Dokumentation und Übersetzung

Die genannten Vorteile sind auch in unserem Kernbereich spürbar. Denn in der Regel ist auch der Übersetzungsprozess bei Dokumenten in Einfacher Sprache effizienter als bei schwer verständlichen Dokumenten.

Auf die Arbeit der Technischen Redaktion nehmen die neuen Regeln der Einfachen Sprache ebenfalls Einfluss. Zwar gibt es mit DIN EN ISO 20607 und DIN EN IEC/IEEE 82079-1 bereits gut ausgearbeitete Normen, die Standards für die Technische Dokumentation setzen. Die beiden neu entstehenden Normen und besonders die neue DIN-Norm wirken sich aber eher auf die sprachliche Ausgestaltung von Dokumenten in Einfacher Sprache aus. Schon der Entwurf enthält grammatikalische und stilistische Regeln für alle sprachlichen Ebenen. Er spricht zum Beispiel Empfehlungen für Satzlängen, Passivgebrauch, Konjunktiv und auch für typografische Auszeichnungen aus.

Erste Praxistests zeigen allerdings bereits, dass Technische Redaktionen keineswegs ihre Redaktionsleitfäden umschreiben müssen, wenn sie DIN-konforme Anleitungen produzieren wollen. Denn der überwiegende Teil der Regeln und Empfehlungen entspricht den Vorgaben, die erfahrene Praktiker:innen zum Beispiel aus den tekom-Leitlinien und weiteren Branchenstandards kennen. Schließlich gehörten sie von Anfang an zu den Befürworter:innen und Unterstützer:innen der Einfachen Sprache.

Haben Sie Bedarf an der Überarbeitung Ihrer Texte in Einfacher Sprache oder Simplified Technical English? Dann sprechen Sie mit uns.

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